Vom Versuch, Traditionen zu verbinden

In diesem Jahr habe ich den Versuch unternommen, unseren westlichen Adventskranz mit der armenischen Variante zu verbinden, weil mir mittlerweile beide Traditionen wichtig geworden sind.

Seit etwa 2 ½ Jahren habe ich enge Kontakte zur Armenischen Gemeinde hier in Köln, besuche regelmäßig die Liturgien und singe mittlerweile auch dort im Chor. Seit zwei Jahren ist es mir auch wichtig, nicht nur unser Weihnachten am 25. Dezember zu feiern, sondern auch das Weihnachtsfest der Armenischen Kirche am 6. Januar, das mit Epiphanie zusammenfällt.

Der armenische Adventskranz hat 7 Kerzen und eine große Christuskerze, die am Weihnachtsfest (also am Abend des 5. Januar) angezündet wird. Und weil der armenische Advent (Յիսնակ / „Hisnak“ genannt) 7 Wochen hat, wird bereits heute die erste Kerze angezündet.

Meine Variante hat dann noch zusätzlich eine kleine weiße „Christuskerze“ (für unser Weihnachtsfest) auf dem Kranz. Ab da werden die Kerzen auch heller – ähnlich unserer Tradition, an Gaudete ein aufgehelltes Violett zu nutzen. Er ist also eine Verbindung des armenischen Adventskranzes mit unserem westlichen.


Sehr hörenswert ist auch dieser Beitrag zum armenischen Hisnak / Advent:


Das Schöne am Adventskranz ist ja, dass er zwar eine schöne Tradition ist, aber nicht so festgelegt, dass man ihn nicht auch anpassen könnte. Als ursprünglich evangelische Erfindung ist er sowieso eine Verbindung mehrerer Traditionen.

Auch zum Thema:

Ein Adventskranz ist ein Adventskranz

O Emmanuel, …

Der Berg Sinai mit den Gesetzestafeln weist auf Gottes Bund mit Israel hin (vgl. Ex 31,18)

»O Emmanuel,
Rex et legifer noster,
expectatio gentium,
et salvator earum:
veni ad salvandum nos,
Domine, Deus noster.«

»O Emmanuel,
Gott mit uns. Du König und Lehrer,
du Sehnsucht der Völker und ihr Heiland.
Komm, o Herr, und erlöse uns,
Herr, unser Gott!«

»Lasst uns gerecht und fromm leben, die selige Hoffnung erwartend und die Ankunft des Herrn.« – »In Sion werde ich das Heil verleihen und in Jerusalem meine Herrlichkeit.«

(siehe auch bei AlphaOmega)

Über der Stadt Bethlehem verkündet der Stern die Ankunft Christi (vgl. Mt 1,9)

O Rex Gentium, …

Der „Eckstein Jesus Christus“ (vgl. Eph 2,20) verbindet Israeliten und Heiden zur einen Kirche.

»O Rex Gentium,
et desideratus earum,
lapisque angularis,
qui facis utraque unum:
veni, et salva hominem,
quem de limo formasti.«

»O König der Völker,
den sie alle ersehnen.
Du Eckstein, der das Getrennte eint.
Komm, o Herr, und befreie den Menschen,
den du aus Erde erschaffen hast.«

»Vernehmet, wie herrlich jener ist, der einhergeht, die Völker zu retten.« – »Gemehrt wird Sein Reich und des Friedens wird kein Ende sein.«

(siehe auch bei AlphaOmega)

Die drei Könige bringen „Gold dem höchsten Herrscher, Weihrauch dem wahren Gott und Myrrhe für sein Begräbnis“. (Hl. Gregor der Große)

O Oriens, …

Christus, die aufgehende Sonne der Gerechtigkeit (vgl. Mal 4,2), vertreibt die Beherrscher der Welt: Tod und Sünde.

»O Oriens,
splendor lucis aeternae,
et sol justitiae,
veni, et illumina
sedentes in tenebris
et umbra mortis.«

»O Aufgang,
Glanz des ewigen Lichtes,
du Sonne der Gerechtigkeit,
komm, o Herr, und erleuchte uns,
die wir sitzen in Finsternis
und im Schatten des Todes.«

»Seid beständig: Ihr werdet über euch die Hilfe des Herrn sehen.« – »Gott wird vom Libanon kommen und sein Glanz wird gleich dem Lichte sein.«

(siehe auch bei AlphaOmega)

Ochs und Esel an der Krippe deuten den Opfertod Jesu und seine Demut an.

O Clavis David, …

Der Schlüssel mit dem Davids-Monogramm und das Szepter deuten auf die Verheißung, der Messias werde von David abstammen. (vgl. 2 Sam 7)

»O Clavis David,
et sceptrum domus Israël,
qui aperis, et nemo claudit,
claudis, et nemo aperuit:
veni, et educ vinctum
de domo carceris,
sedentem in tenebris,
et umbra mortis.«

»O Schlüssel Davids
und Zepter des Hauses Israel,
du öffnest und niemand schließt,
du schließest und niemand öffnet.
Komm, o Herr, und befreie aus dem Kerker
den Gefangenen, der da sitzt in Finsternis
und im Schatten des Todes.«

»Von Sion wir kommen der Herr, der Allmächtige, um sein Volk zu retten« – »Wende Dich uns ein wenig zu, o Herr, und zögere nicht, zu Deinen Dienern zu kommen.«

(siehe auch bei AlphaOmega)

Der hl. Joseph war, ebenso wie Maria, ein Nachkomme Davids (vgl. Mt 1,5-16)

O Radix Jesse, …

Aus Jesse, dem Vater König Davids, gehen die Ahnen Marias und Jesu hervor (vgl. Lk 3, 23-32)

»O Radix Jesse,
qui stas in signum populorum,
super quem continebunt reges os suum,
quem gentes deprecabuntur:
veni ad liberandum nos,
jam noli tardare.«

»O Wurzel Jesse,
gesetzt zum Zeichen für die Völker.
Vor dir verstummen die Mächtigen,
zu dir rufen die Völker.
Komm, o Herr, und erlöse uns,
zögere nicht länger.«

»Die Propheten sagten voraus, der Erlöser werde aus der Jungfrau Maria geboren werden« – »Der Geist des Herrn ruht auf mir: den Armen die frohe Botschaft zu bringen, sandte er mich.«

(siehe auch bei AlphaOmega)

Maria ist im byzantinischen Ikonentypus der „Muttergottes vom Zeichen“ dargestellt.

O Adonai, …

Im brennenden Dornbusch erscheint Gott dem Hirten Moses (vgl. Ex 3)

»O Adonai,
et dux domus Israël,
qui Moyse in igne flammae rubi apparuisti,
et ei in Sina legem dedisti:
veni ad redimendum nos in brachio extento.«

»O Herr
und Fürst des Hauses Israel,
du bist dem Mose erschienen in der Flamme des Dornbuschs
und gabst ihm das Gesetz am Sinai.
Komm, o Herr, und erlöse uns mit starkem Arm.«

»Tauet, ihr Himmel, von oben; ihr Wolken, regnet den Gerechten! Die Erde tue sich auf und sprosse den Heiland hervor!« – »Sende aus das Lamm, o Herr, den Beherrscher der Erde, vom Felsen der Wüste zum Berge der Tochter Sion!«

(siehe auch bei AlphaOmega)

Der Hirt von Bethlehem eilt mit seinen Schafen zur Krippe (vgl. Lk 2)

O Sapientia, …

»Die Weiseheit hat sich ein Haus gebaut, hat sieben Säulen aufgestellt« (Spr 9,1)

»O Sapientia,
quae ex ore Altissimi prodiisti,
attingens a fine usque ad finem,
fortiter suaviterque disponens omnia;
veni ad docendum nos viam prudentiae.«

»O Weisheit,
hervorgegangen aus Gottes Mund, mächtig wirkst du in aller Welt,
und freundlich ordnest du alles.
Komm, o Herr, und lehre uns den Weg der Einsicht.«

»Siehe, kommen wird der Herr, der Herrscher der Könige der Erde; selig, die bereit sind.« – »Wenn der Menschensohn kommen wird: meinst Du, er wird auf Erden Glauben finden?«

(siehe auch bei AlphaOmega)

Der Weihnachtsengel, als Diakon gekleidet, verkündet die Ankunft des göttlichen Wortes. (vgl. Lk 2,9)

Krippe und Kreuz: Gott kommt zu uns!

Gedanken im Advent (aus 2016) – Gastbeitrag von Manfred Barnabas Loevenich SJB

„Als die Zeit reif war, sandte Gott Seinen Sohn. Als Mensch geboren und dem Gesetz untergeordnet, erlöste Er uns vom Zwang des Gesetzes, damit wir Gottes Kinder werden“, schreibt der heilige Apostel Paulus an die Galater. So zitiert ihn auch das zeitgenössische Paulus-Oratorium „Lass dir an meiner Gnade genügen“ (1973) von Siegfried Fietz und Johannes Jourdan. Weiter heißt es dort in einem Lied:

Gott kommt zu uns,
Er kommt herab von Seinem ew’gen Thron.
Gott kommt zu uns,
und wird uns gleich in Jesus, Seinem Sohn.

 (…) Gott kommt zu uns,
wir müssen nicht mehr zweifelnd nach Ihm fragen.
Gott kommt zu uns,
um Seine Gnade allen anzusagen.

 (…) Gott kommt zu uns,
die Krippe und das Kreuz sind Seine Zeichen.
Gott kommt zu uns,
und unsre Trauer soll der Freude weichen.

In diesen Tagen so kurz nach dem verheerenden Terroranschlag an der Berliner Gedächtniskirche hört man im vielfältigen, teils erschreckenden Stimmengewirr auch Äußerungen, wie diese: Der Terroranschlag sei brutal eingebrochen in die „besinnliche, vorweihnachtlich-friedliche“ Stimmung, ja er habe diese nachhaltig zerstört: „Wie kann man jetzt noch Weihnachten feiern?“

Nun, es stimmt. Der Anschlag hat unsere Gesellschaft tatsächlich empfindlich getroffen, verwundet, verunsichert. Und das lag wohl auch in der Absicht des oder der Attentäter. Aber was hat es auf sich mit dieser „friedlichen Weihnachtsatmosphäre“, die nun, wie es heißt, so empfindlich gestört oder zerstört wurde?

„Als die Zeit reif war, sandte Gott Seinen Sohn.“ Wir erwarten Sein Kommen – nur, dass dieses Kommen wenig gemein hat mit einer oberflächlichen und vermeintlichen Idylle, die sich lediglich äußerlich orientiert am weihnachtlichen Geschehen, wie die Bibel es uns berichtet und wie die Kirche es feiert.

Im Advent 1944 schrieb P. Alfred Delp SJ (1907-1945) in der Haft, nur wenige Wochen vor seiner Hinrichtung am 2. Februar 1945:

Gott ist mit uns: so war es verheißen, so haben wir geweint und gefleht. Und so ist es (…) Wirklichkeit geworden: ganz anders, viel erfüllter und zugleich viel einfacher als wir meinten. Gott wird Mensch. (…) Lasst uns dem Leben trauen, weil wir es nicht allein zu leben haben, sondern Gott es mit uns lebt.

Ist darin nicht bereits die Antwort gegeben, wo und wie der Ausweg zu finden ist aus der lähmenden Wut, Angst und Ohnmacht, unter der auch viele Christen angesichts der unbegreiflichen Gewalttat in Berlin leiden?

Wenn der Mensch Gott erkennt, ohne sein Elend zu erkennen,
verfällt er dem Stolz.

Erkennt er sein Elend, ohne Gott zu erkennen,
verfällt er der Verzweiflung.

Durch die Erkenntnis Jesu Christi stehen wir in der Mitte,
denn darin finden wir sowohl Gott wie auch unser Elend.

Blaise Pascal (1623-1662)

Erwarten wir Jesus, den Christus, trotz – und mitten in – aller Not, Angst, Gewalt und Verzweiflung, dann vermögen wir wirklich adventliche Menschen zu sein, die mit Gott rechnen und von Ihm her leben. Dann feiern wir das Fest der Menschwerdung Gottes tiefer, wahrhaftiger, froher und glaubwürdiger, als die ganze Medien- und Konsum-Maschinerie es uns nahelegt und aufdrängen will. Wer etwas genauer hinsieht und hinhört, entdeckt bald Spuren dieses anderen Advents: nicht des lauten Advents mit Kling-Glöckchen und greller Werbung, sondern der verhaltenen, leisen aber starken, tiefen und erwartungsfrohen Vorfreude – die den unauflösbaren Zusammenhang von Krippe und Kreuz nicht verleugnet, sondern darin den eigentlichen und tiefsten Grund zur Freude erkennt.

Viele Adventslieder wissen um diesen Zusammenhang und besingen ihn in deutlichen Bildern. Vielleicht überhören wir das zu schnell? – Nehmen wir uns doch hier die Zeit, einige Liedtexte kurz zu bedenken:

„Gott will im Dunkel wohnen und hat es doch erhellt …“ Kaum ein Liederdichter der jüngeren Vergangenheit hat die Ambivalenz und den Reichtum der Weihnachtsbotschaft so tief erfasst und im eigenen Leben erfahren, wie Jochen Klepper (1903-1942). Die Tragik seiner Lebensgeschichte spricht hier für sich. Das Lied „Die Nacht ist vorgedrungen“ (GL 220 / EG 16) drückt dieses Glaubenswissen aus:

Auch wer zur Nacht geweinet, der stimme froh mit ein.
Der Morgenstern bescheinet auch deine Angst und Pein.

Strophe 1

Das Kommen des Heilands, die Menschwerdung des Gottessohnes, löst das Böse in der Welt nicht auf, sondern eröffnet den Ausweg hin zur wahren Errettung und Erlösung:

Noch manche Nacht wird fallen auf Menschenleid und -schuld.
Doch wandert nun mit allen der Stern der Gotteshuld.
Beglänzt von Seinem Lichte, hält euch kein Dunkel mehr,
von Gottes Angesichte kam euch die Rettung her.

Gott will im Dunkel wohnen und hat es doch erhellt.
Als wollte Er belohnen, so richtet Er die Welt.
Der Sich den Erdkreis baute, der lässt den Sünder nicht.
Wer hier dem Sohn vertraute, kommt dort aus dem Gericht.

Strophe 4 und 5

Ganz ähnlich klingt es bei Paul Gerhardt (1607-1676):

Ich lag in schweren Banden, Du kommst und machst mich los;
ich stand in Spott und Schanden, Du kommst und machst mich groß
und hebst mich hoch zu Ehren und schenkst mir großes Gut,
das sich nicht lässt verzehren, wie irdisch Reichtum tut.

Auch dürft ihr nicht erschrecken vor eurer Sünden Schuld;
nein, Jesus will sie decken mit Seiner Lieb und Huld.
Er kommt, Er kommt den Sündern zu Trost und wahrem Heil,
schafft, das bei Gottes Kindern verbleib ihr Erb und Teil.

„Wie soll ich dich empfangen“ (EG 11), Strophe 4 und 8

Auch Friedrich Spee von Langenfeld (1591-1635) weiß um die tiefe Not und Sehnsucht wie auch die Erfüllung der adventlichen Erwartung.

Wo bleibst du, Trost der ganzen Welt,
darauf sie all ihr Hoffnung stellt?
O komm, ach komm vom höchsten Saal,
komm, tröst’ uns hier im Jammertal.

Hier leiden wir die größte Not
vor Augen steht der ewig’ Tod.
Ach komm, führ uns mit starker Hand
vom Elend zu dem Vaterland.

„O Heiland, reiß die Himmel auf“ (GL 231 / EG 7), Strophe 4 und 6

Überhaupt blendeten die Christen früherer Zeiten in ihrer Adventsfreude das Leid und die Not des Menschen, die Sünde und den Tod nicht aus. Im Gegenteil! Gerade diese bedürfen ja so dringend der Erlösung durch das Kommen Gottes in diese Welt: „Et incarnatus est“, Er kam „in unser Fleisch“. Das Kind in der Krippe gibt es nicht als heimelige Idylle, Verdrängung und Illusion, sondern handfest, konkret, lebendig:

Und wer dies Kind mit Freuden umfangen, küssen will,
muss vorher mit ihm leiden groß Pein und Marter viel,

danach mit Ihm auch sterben und geistlich aufersteh’n,
das ewig’ Leben erben, wie an Ihm ist gescheh’n.

„Es kommt ein Schiff geladen“ (GL 236 / EG 8), Strophe 5 und 6, von Daniel Sudermann (um 1550-1631), vermutlich nach Johannes Tauler (um 1300-1361)

In dieser Erkenntnis liegt der eigentliche Trost, auch und gerade in Tagen wie diesen: „Gott kommt zu uns, die Krippe und das Kreuz sind Seine Zeichen. Gott kommt zu uns, und unsre Trauer soll der Freude weichen!“

Adventsgedanken … aus der Armenisch Apostolischen Kirche

Nachdenkenswertes auch für unseren Advent – vom Primas der Armenischen Kirche in Deutschland:

Ökumenische Grüße an die armenischen Schwestern und Brüder!